Sozialdemokratie: Entstehung und Entwicklung im 19. Jahrhundert
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Sozialdemokratie: Entstehung und Entwicklung im 19. Jahrhundert
Die politische Organisierung der
Arbeiterbewegung in
Deutschland begann am 23. Mai 1863 mit der
Gründung des »Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins« durch
Ferdinand Lassalle in
Leipzig, der die schon vorher
regional entstandenen Arbeiterbildungs- und Unterstützungsvereine zusammenfasste. Lassalles Ziele waren die Gründung einer selbstständigen politischen Partei, allgemeines, gleiches und direktes
Wahlrecht und die Einrichtung von Arbeiter-Produktionsgenossenschaften mit Unterstützung des Staates.
Ebenfalls 1863 entstand in
Eisenach der liberal-demokratische »Vereinstag
deutscher Arbeitervereine«, der zum Kern der 1869 in Eisenach gegründeten Sozialdemokratischen Arbeiterpartei wurde. Ihre
Organisation war streng demokratisch aufgebaut und hatte im
Programm sowohl Gedanken von
Karl Marx als auch von Ferdinand Lassalle. Sie betrachtete sich als den deutschen Zweig der Internationalen Arbeiterassoziation, der am 28.
September 1864 in London gegründeten Ersten Internationalen.
Beide Organisationen vereinigten sich 1875 in Gotha zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (
SAP). Schon in dieser frühen Phase der Parteientwicklung waren revolutionäre Strömungen marx'scher
Prägung und reformerische, aus dem Gedankengut Lassalles hervorgegangene Ideen nebeneinander wirksam.
Im
Gegensatz zu den anderen Parteien wurde die
Sozialistische Arbeiterpartei, die sich 1890 in
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (
SPD) umbenannte, schon früh eine Massenpartei mit fester Mitgliedschaft und straffer Organisation. Die Partei, als national unzuverlässig und
staatsfeindlich angesehen, wurde für die Arbeiter zur politischen Heimat und entwickelte eine eigene
Subkultur als Emanzipations- und Kulturbewegung. Von großer
Bedeutung für die politische Emanzipation der Arbeiter wurden die zahlreichen sozialen und kulturellen Einrichtungen, die die SPD als Partei mittrug und teilweise gemeinsam mit der
Gewerkschaftsbewegung gründete. Solche Einrichtungen waren Kindergärten, Sport- und Gesangvereine, Bestattungs- und andere Unterstützungskassen,
Konsumvereine und deren Läden sowie die Spar- und Bauvereine. Die den bürgerlichen Staat ablehnenden und auf die
Weltrevolution mit dem Sieg der Arbeiterklasse setzenden Kräfte innerhalb der Partei konnten sich in den Jahren der politischen Verfolgung durch das bismarcksche
Sozialistengesetz durchsetzen. Die Tätigkeit der Reichstagsfraktion der Partei blieb während der Dauer des Sozialistengesetzes ungestört, von 1878 bis 1890 konnte die Partei trotz der Behinderungen und Verbote in den Reichstagswahlen ihre Stimmenzahl auf 1,5 Millionen fast verdreifachen. Mit etwa 20 % der Wählerstimmen wurde sie zur
relativ stärksten deutschen Partei, was sich jedoch wegen des Mehrheitswahlrechts und der gegen sie gerichteten bürgerlichen
Koalition nicht im gleichen Maße auf die Zahl der Mandate auswirkte.
Universal-Lexikon.
2012.
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